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Wie das Leben ein Ponyhof wurde

Darf ich ganz ehrlich sein? Ich bin sehr dankbar für Corona. Denn Corona gab mir 2021 den nötigen Mut für den 2. großen Schritt meiner beruflichen Karriere.

Schritt 1 war die Selbstständigkeit; das wilde Leben mit Selbstbestimmung. Und ohne den zuverlässigen Gehaltscheck am Monatsende. Schritt 2 ging aus München - mit seinem ätzenden Verkehr und dem noch ätzenderen Wohnungs-Markt - raus aufs Land. Corona hat's möglich gemacht und der Trend, persönliche Meetings gegen digitale Konferenzen zu ersetzen. Tausend Dank dafür!!!
 

Die Suche nach dem perfekten Standort

"Wohin?" war die erste große Frage. Ich wollte eine schöne Region, mit schönen Haltungsbedingungen für Pferde und guten Reit- und Trainingsmöglichkeiten. Relativ bald standen nur noch Luhmühlen und Warendorf auf meiner Liste. Ich entschied, jeweils vor Ort eine Ferienwohnung zu nehmen, die Gegend zu besichtigen, die Menschen kennenzulernen und den einheimischen Trainern unauffällig bei der Arbeit  zuzusehen (vor allem Siemer, Aldinger und Ostholt).   

 

Was soll ich sagen? Nach 2 unfassbar frustrierenden Jahren der Wohnungssuche in München meldete sich das Schicksal. Meine Ferienwohnung in Luhmühlen war ein Träumchen, ich verstand mich auf Anhieb gut mit der Vermieterin und bekam das Angebot, sie fest anzumieten. Am Gartenzaun begann der Reitstall Overbeck mit über 100 Reitpferden, Zuchtbetrieb und eigener Rentner-Herde. Nach Jahren der Münchner Schickeria - "Die Schabackenfarbe auf einem Fuchs ist ganz schön gewagt, oder?" - war das Gespräch mit Stallbetreiber Kalli Overbeck unfassbar erholsam. Ein bodenständiger Pferdemann vom alten Schlag. Viel Ahnung. Wenig Worte. Und eine freie Box, die er mir reservierte.

Noch am selben Tag kündigte ich in München Wohnung, Pferdebox und alle anderen Verträge.  

1 Jahr danach

1 Jahr ist inzwischen vergangen, doch der Urlaubs- und Ponyhof-Modus hält an. Der Tag ist überraschend lang geworden, seit ich nicht mehr 2-3 Stunden täglich im Münchner Stadtverkehr feststecke. Von den gesparten Sprit-Kosten habe ich ein zusätzliches Pferd gekauft. Und das schon, bevor Diesel so irrsinnig teuer wurde. 

Als selbstständige PR Beraterin kann ich meinen Tag wunderbar zwischen dem Schreibtisch und den 50 Meter entfernten Pferden aufteilen. Mein Arbeitsplatz ist mit Blick auf die Pferdekoppeln. Oftmals muss ich mich zusammenreißen, um dort wirklich zu arbeiten. In 2 Wochen kommt mein erstes, selbstgezogenes Fohlen. Die Mutterstuten-Weide grenzt an meinen Gartenzaun; dann war's das mit der Produktivität :D  

Da die Frage immer mal wieder kommt: Nein, ich kannte vorher weit und breit keine Menschenseele in der Lüneburger Heide. Doch an einem Reitstall reichen 2 Flaschen Sekt, um das zu ändern. Natürlich habe ich in München liebe Freunde zurückgelassen. Doch hier im Norden habe ich viele neue gefunden.

 

Die Menschen hier auf dem Land sind anders, als die Stadtmenschen. Man hat mehr Platz. Mehr Zeit. Weniger Stress. Die Menschen wirken ... zufriedener? Oder liegt es nur an meiner rosaroten Ponyhof-Brille?

 

Ich habe den Umzug zumindest nie bereut. Meine Pferde sind hier glücklicher, als in der Großstadt. Meine Hunde sind hier glücklicher. Und ich bin es auch.